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Jagdrecht und ethische Bedenken

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hatte zu prüfen, ob ein Grundeigentümer die Ausübung der Jagd durch Dritte auf seinem Grundstück trotz entgegenstehender ethischer Motive dulden muss. Das Verwaltungsgericht hat hierzu in einem konkreten Fall entschieden, dass diese Duldungspflicht besteht (Beschl. v. 11.3.2013, Aktenz: 6 B 5/13).

Nach dem Bundesjagdgesetz gehören Eigentümer von Grundstücken mit einer Fläche von weniger als 75 ha kraft Gesetzes einer Jagdgenossenschaft an. Es handelt sich um eine gesetzliche Zwangsmitgliedschaft. Die Eigentümer müssen die Bejagung ihrer Flächen durch Dritte dulden, wenn die Jagdgenossenschaft die Jagd verpachtet oder aber durch angestellte Jäger ausüben lässt. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom Juni 2012 kann die Pflicht eines Grundeigentümers, die Ausübung der Jagd trotz entgegenstehender ethischer Motive dulden zu müssen, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (Schutz des Eigentums) verstoßen. Das deutsche Jagdrecht soll daher geändert werden: Wenn der Grundeigentümer glaubhaft macht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt, sind seine Flächen zu befriedeten Bezirken zu erklären, in denen die Jagd ruht. Unter Berufung darauf begehrte ein Grundstückseigentümer gegenüber dem Landkreis Harburg als Jagdbehörde den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dass auf seinen Grundstücken die Jagd nicht ausgeübt wird.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat den Antrag auf ein vorläufiges Ruhen der Jagd auf den Grundstücken des Eigentümers abgelehnt. Das Gericht hat in seinem Beschluss ausgeführt: Zum einen ist eine Entscheidung durch das Gericht nicht erforderlich, weil sowohl die Jagdpächter als auch die Jagdgenossenschaft erklärt haben, auf die Jagd auf den betroffenen Flächen des Grundstückseigentümers vorerst zu verzichten, und sie weiter erklärt haben, dass die sich aus der Mitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft ergebenden Rechte und Pflichten vorerst ruhen. Zum anderen sind die ethischen Motive des Grundstückseigentümers bisher nicht in der erforderlichen Weise glaubhaft und nachvollziehbar gemacht. Die ethischen Motive des Grundstückseigentümers, aus denen heraus die Jagd auf den eigenen Flächen abgelehnt wird, sind nachvollziehbar darzulegen, die bloße Behauptung reicht also nicht aus. Es muss verlangt werden, dass der Grundstückseigentümer objektive Umstände glaubhaft macht, die das Vorliegen einer ernsthaften und echten tiefen Gewissensentscheidung nachvollziehbar machen, sodass zumindest die überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein ethischer Motive spricht. Die Gewissensentscheidung muss ein bestimmtes Maß an Kraft und Bedeutung besitzen und einen bestimmten Grad von Entschiedenheit, Geschlossenheit und Wichtigkeit erreichen, die Entscheidung muss tief verankert sein. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht worden, weil der Antragsteller lediglich die Behauptung aufgestellt hat, er lehne die Jagd aus ethischen Gründen ab, ohne dies näher darzulegen und zu vertiefen. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung sah das Gericht nicht als ausreichend an.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zulässig.

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