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Aufzug von „Rechten“ am Ostersonnabend in Lüneburg kann nicht verhindert werden

Ein von der Stadt Lüneburg ausgesprochenes Versammlungsverbot ist rechtswidrig. Der Aufzug am Ostersonnabend von 120 bis 150 Teilnehmern, die der rechten Szene zugerechnet werden, muss erlaubt werden. Die Stadt Lüneburg kann jedoch lenkende Auflagen zur Durchführung des Aufzuges erlassen. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg hervor (Beschluss vom 26.3.2009, Ak-tenz.: 3 B 17/09). Zugleich hat das Verwaltungsgericht zwei Verbote aufgehoben, mit denen die Stadt Lüneburg Mahnwachen aus demselben politischen Lager verhindern wollte (Aktenz.: 3 B 19 und 22/09).

Für den Ostersonnabend ist in Lüneburg eine Versammlung mit Aufzug von 120 bis150 Teilnehmern angemeldet worden. Die Demonstranten werden der rechten Szene zugerechnet, die Aktion soll unter dem Motto stehen: "Gegen linke Gewalt". Versammlung und Aufzug sollen von 13.00 bis 20.00 Uhr dauern. Der Demonstrationszug soll vom Bahnhof über den Sand zum Clamart-Park führen, weiter zum Lambertiplatz, über Salzstraße, Bastionstraße, Hindenburgstraße, Liebesgrund und zurück zum Bahnhof. Auf dem Bahnhofsvorplatz sollen Auftakt- und Schlusskundgebung stattfinden, im Clamart-Park und im Liebesgrund Zwischenkundgebungen.

Die Stadt Lüneburg hat die Veranstaltung in vollem Umfang verboten. Weiter hat sie zwei Mahnwachen aus demselben politischen Lager verboten.

Daraufhin wurde beim Verwaltungsgericht wegen der drei Verbote Klage erhoben und vorläufiger Rechtsschutz beantragt. Das Gericht hat allen drei Anträgen auf vorläufigen Rechtsschutz stattgegeben. Speziell zu dem Verbot des Aufzuges durch die Innenstadt hat das Veraltungsgericht ausgeführt:

Das vollständige Verbot, wie es von der Stadt Lüneburg ausgesprochen worden ist, ist rechtswidrig. Die Stadt muss die Versammlung erlauben. Die Stadt kann jedoch Auflagen erlassen und zur Abwehr von Gefahren auch die gewünschte Route abändern. Im Hinblick hierauf können der Anmelder der Versammlung und die Stadt Lüneburg noch Kooperationsgespräche führen.

Die Versammlung kann nicht schon deshalb verboten werden, weil die Teilnehmer dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet werden. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass das öffentliche Zurschaustellen von rechtsextremistischem Gedankengut für sich genommen kein Versammlungsverbot rechtfertigt. Die Bürger haben die Freiheit, auch grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen, solange ihre Meinungsäußerungen nicht gegen Strafvorschriften verstoßen. Ein Verbot kann auch nicht aufgrund des Datums der Veranstaltung verboten werden. Allerdings fällt der Ostersonnabend auf den 11. April. Am 11. April 1945 wurden in Lüneburg 80 jüdische Häftlinge eines Gefangenentransportes ermordet. Auch kann an besonderen Gedenktagen, wie etwa dem Holocaust-Gedenktag, eine Versammlung von Rechtsextremisten wegen der nicht hinnehmbaren Provokationswirkung der Öffentlichkeit verboten werden. Jedoch hat die Stadt Lüneburg nicht deutlich machen können, dass das Datum des 11. April im Bewusstsein eines breiten Kreises der Lüneburger Bevölkerung fest verankert ist und als besonderer Lüneburger Gedenktag an nationalsozialistisches Unrecht mit besonderer symbolischer Bedeutung verknüpft ist. Die Stadt hat auch keine Hinweise darauf geliefert, dass der Termin der Versammlung vorsätzlich vor dem geschichtlichen Hintergrund ausgewählt worden ist, um die Bevölkerung bewusst zu provozieren und die Würde der Opfer gezielt zu verletzen. Weiter ist der Umstand, dass die Stadt mit bis zu 5.000 Gegendemonstranten rechnet, kein Grund für das Verbot der angemeldeten Versammlung. Sonst hätten es die Veranstalter später angemeldeter Gegenveranstaltungen in der Hand, die früher angemeldete Versammlung zu blockieren und unmöglich zu machen. Wenn die Stadt mit bis zu 400 gewaltbereiten Autonomen bei den Gegendemonstranten rechnet, muss sie gegen diese Autonomen vorgehen. Die Stadt hat keinerlei nachvollziehbare und greifbare Anhaltspunkte dafür geliefert, dass die Teilnehmer der angemeldeten Versammlung gewaltbereit sind oder aus der angemeldeten Versammlung heraus konkret mit Gewaltaktionen zu rechnen ist. Schließlich sind Störungen des Individualverkehrs hinzunehmen, soweit sie unvermeidlich sind. Ein "Verkehrskollaps" allein durch 120 bis 150 Demonstrationsteilnehmer ist nicht konkret zu erwarten. Störungen können im Übrigen vermieden werden, wenn etwa durch Kooperationsgespräche eine andere Route als diejenige durch die Innenstadt gefunden wird.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zulässig.

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